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ALLEA: All European Academies

 

Die Katalanische Sprache in der Europäischen Union

 

I. Die Bedeutung der Europäischen Union

  1. Seit ihrem Bestehen hat die Europäische Union (EU) in ihren Institutionen eine Sprachpolitik verfolgt, die auf Anerkennung von Pluralität und Gleichheit der sprachlichen Vielfalt basierte. Entsprechende Abhandlungen der EU sind in Bezug auf diese Anerkennung eindeutig und zweifelsfrei. Artikel 22 der Charta der Grundrechte erklärt insbesondere und ausdrücklich, die Vielfalt der Sprachen zu achten, die als Bereicherung betont wird und die es zu erhalten und zu stärken gilt.
  2. Die Bildung eines sozialen, politischen, verwaltungstechnischen und wirtschaftlichen Rahmens, der die Länder Europas umfasst, ist in dem Maße durchführbar, wie in solidarischer Bereitschaft aller Beteiligten die sprachlich-kulturelle Vielfalt jedes einzelnen Landes absolut und auf entschiedene Weise respektiert wird.
  3. Jedwede Sprache in ein Abseits zu drängen oder zu missachten bedeutet aus der Sicht aller Nationalitäten, die die EU bilden, eine nicht zu akzeptierende Verletzung ihrer Integrität.
  4. Auch wenn der Wunsch der EU, die Anzahl der Verkehrssprachen möglichst gering zu halten verständlich ist, sind demografische und politische Faktoren als Auswahlkriterium zwingend abzulehnen, da solch eine pragmatische Lösung zur Diskriminierung von Sprachen und Kulturen verleitet. Ungeachtet quantitativer Fragen gebührt allen die gleiche Anerkennung.
  5. Wenn man sich andererseits auf politische Kriterien verlässt, führt dies unweigerlich zu einer unentschuldbar ungerechten Haltung, die die Vormacht bestimmter Gebiete und deren Sprachen bedeutet und einen Mangel an Gleichbehandlung, d.h. undemokratisches Verhalten gegenüber der Verschiedenheit der Länder mit sich bringt. Sozial- und Gesellschaftswissenschaften erklären einstimmig, dass weder Sprachen noch Kulturen anderen über- oder untergeordnet sind.

II. Die katalanische Sprache im Kontext der Europäischen Union

  1. Zuallererst ist zu bedauern, dass Katalanisch, obwohl es in drei Mitgliedsstaaten, und zwar in Spanien, Frankreich und Italien gesprochen wird, nicht vorbehaltlos zu den Amtssprachen der EU gehört.
  2. Die zukünftige Eingliederung weiterer Staaten als Mitglieder der EU beinhaltet die Aufnahme einer beachtlichen Anzahl neuer Amtssprachen.
  3. So wie der Anerkennung dieser Sprachen als Amtssprachen nichts im Wege stehen soll, ist die Ablehnung, Katalanisch als Amtssprache anzuerkennen, unbedingt zu verurteilen.
  4. Wenn zentralistische Vorstellungen und der Wunsch nach Vormachtsposition vermieden werden sollen, darf die Bedeutung einer Sprache nicht an quantitativen Maßstäben gemessen werden. Eben sowenig sind politische Argumente zur Bewertung geeignet. Grundlagenprinzip der Menschenrechte ist, dass alle Sprachen und Kulturen gleichwertig das kulturelle Erbe der Menschheit darstellen.
  5. Darüber hinaus soll nochmals auf einige historische, demografische und juristische Merkmale der katalanischen Sprache hingewiesen werden.

5.1.  Von den neuen Sprachen, denen in der EU offizieller Charakter zuerkannt wird, übertreffen im Hinblick auf die Anzahl der Menschen, die diese Sprachen sprechen, nur Polnisch und Rumänisch das Katalanische. Slowakisch, Litauisch, Lettisch, Slowenisch, Estnisch und Maltesisch sind Sprachen aus Ländern mit weniger als sechs Millionen Einwohnern.

5.2.  Wenn ausgehend von der Anzahl der Einwohner in den entsprechenden Gebieten Katalanisch in die elf Amtssprachen eingeordnet würde, läge es an siebenter Stelle.

5.3.  Was die Anzahl Katalanisch sprechender Menschen betrifft, ist die katalanische Sprache mit Schwedisch, Griechisch und Portugiesisch vergleichbar und übertrifft noch Dänisch und Finnisch. Von all jenen Sprachen, die "regional" genannt werden, ist Katalanisch die einzige Sprache, die von mehr als sieben Millionen Menschen gesprochen wird.

5.4.  Die katalanische Sprache besitzt eine vereinheitlicht standardisierte Hochsprache mit einem grammatikalisch, lexikalisch und terminologisch fundierten Regelwerk, das in der katalanischsprachigen Welt allgemein als Norm anerkannt ist.

5.5.  Seit dem Jahre 1907 ist das Institut d’Estudis Catalans das normgebende Institut für die katalanische Sprache.

5.6.  Außerhalb der Gebiete, in denen es sich um die landeseigene Sprache handelt, wird Katalanisch an sechsundsiebzig Universitäten in Europa und Amerika gelehrt.

5.7.  Wie an den zahlreichen Medien in katalanischer Sprache (Fernseh- und Radiosender) zu sehen ist, geht es um eine Sprache, die den modernen Anforderungen der Gesellschaft gewachsen ist. Im Bereich des Internets rangiert sie weltweit an neunzehnter Stelle.

5.8.  Aus historisch-kultureller Sicht ist Katalanisch eine romanische Sprache, deren Ursprung auf das 9. Jahrhundert zurückgeht.

5.9.  Im Mittelalter war Katalonien eine unabhängige Nation, deren offizielle Sprache Katalanisch war. Nur durch Zwang und vor allem durch politisch-kulturelle Unterdrückung bestimmter Regierungsregimes im 18. und 20. Jahrhundert wurde dem Katalanischen dieser Status verwehrt.

5.10. Die katalanische Literatur hat Autoren von internationalem Ruf hervorgebracht, wie z.B. Ramon Llull, Ausiàs March, Bernat Metge, Joanot Martorell, Jacint Verdaguer, Carles Riba, Mercè Rodoreda, Salvador Espriu etc.

  1. So dient also lediglich die Tatsache, dass die katalanischen Kultur- und Sprachgebiete keinem eigenen Staat entsprechen, als Vorwand für die Ablehnung, Katalanisch als Amtssprache in der EU anzuerkennen.
  2. Eine solche Haltung ist nicht statthaft, denn das neue Europa hat nicht ausschließlich ein Europa der Staaten zu sein, sondern - ohne Ausnahme - das Europa aller Völker, die es bilden.
  3. Darüber hinaus ist der eigene Staat als Voraussetzung zur Statusanerkennung einer Sprache nicht nur als Kriterium veraltet, sondern vor allem ungerecht, denn dies impliziert eine Beschränkung europäischen Kulturerbes mit einem Argument, das mit dem Erhalt der Vielfalt, dem Reichtum Europas absolut nichts gemein hat.
  4. Die Willkür dieses Kriteriums wird an dem souveränen Staat Andorra deutlich, in dem Katalanisch die einzige offizielle Amtssprache ist.

III. Die Haltung des spanischen Staates zur Frage der Anerkennung des Katalanischen als Amtssprache in der EU

  1. Von den drei Mitgliedsstaaten der EU, in denen Katalanisch gesprochen wird, ist nur in Spanien, in einigen der Autonomen Gemeinschaften Katalanisch Amtssprache. Damit kommt dem spanischen Staat im Hinblick auf die externe Unterstützung dieser Sprache eine höhere Verantwortung zu.
  2. In der Verfassung von 1978 wird die Sprachen-Pluralität innerhalb des spanischen Staatsgebiets ausdrücklich anerkannt, und die verschiedenen Autonomie-Statute sowie die Gesetze, die von den Parlamenten der Autonomen Gemeinschaften verabschiedet wurden, gewährleisten den offiziellen Gebrauch von Sprachen der verschiedenen Nationalitäten innerhalb ihrer Territorien.
  3. Ungeachtet dessen unternimmt die Regierung des spanischen Staates keinerlei Anstrengung, irgendeiner anderen Sprache als dem Spanischen zu dem Status der Amtssprache innerhalb der EU zu verhelfen, und dabei setzt sie alle Mittel ein, um jede Initiative zu unterdrücken, die sich ihrem Willen widersetzt. Eine solche Haltung widerspricht nicht nur den demokratischen Gleichheitsgrundsätzen, sondern ebenfalls den in der spanischen Verfassung gesetzlich verankerten Rechten.
  4. Diese Haltung des spanischen Staats ist für die EU-Mitglieder zweifellos verwirrend, mindestens in dem Sinne, dass der Widerspruch zwischen dem Willen der spanischen Regierung und dem, was eine Gemeinschaft in bezug auf die Anerkennung der eigenen Sprache zum Ausdruck bringt, wahrgenommen wird.
  5. Kein demokratischer Staat hat das Recht, Sprache oder Kultur eines Volkes zu missachten, und es steht ihm erst recht nicht zu, seine Geringschätzung noch über die eigenen Grenzen hinaus auszuweiten. Stattdessen steht der Staat in der Pflicht, das sprachliche und kulturelle Erbe der Nationalitäten seines Territoriums mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln und unterschiedslos zu schützen und gegebenenfalls zu verteidigen.

 

IV. Schlussfolgerungen

Unter Berücksichtigung der in diesem Text aufgeführten Überlegungen beschließt die ordentliche Plenarsitzung des Institut d’Estudis Catalans (IEC) am 8. April 2002 einstimmig folgende Schlussfolgerungen:

  1. In Ausübung der sich aus dem Statut des IEC ergebenden Aufgaben sieht sich das Institut in der gebotenen Pflicht, alles in seiner Macht stehende zu tun, jedwede Missachtung aufzuzeigen oder Bedrohung abzuwenden, die die Integrität der katalanischen Sprache und Kultur in ihrem Recht auf Gleichbehandlung verletzten könnte.
  2. Diese Verpflichtung findet in der Anerkennung des Instituts und seiner Funktion durch den königlichen Erlass 3118/1976 vom 26. November besondere Unterstützung.
  3. Das IEC erachtet die Haltung der spanischen Regierung, sich nicht für die Anerkennung des Katalanischen als Amtssprache in der EU einzusetzen, als schwerwiegend.
  4. Es wird zumindest als befremdlich beurteilt, dass ein Staat nicht für das Recht einer innerhalb seines Staatsgebiets gesprochenen Sprache Sorge trägt, die doch einen weiteren wesentlichen Beitrag zum sprachlichen und kulturellen Erbe Europas darstellt, und dass darüber hinaus Initiativen, die dieses Ziel verfolgen, keinerlei Unterstützung zuteil wird.
  5. Das IEC ersucht die Regierung des spanischen Staates, Maßnahmen gegen die Behinderungen zu ergreifen, die der Anerkennung des Katalanischen als Amtssprache in der EU entgegenstehen, sowie mit Entschiedenheit gegen jedwede Haltung vorzugehen, die das Abdrängen der Sprache ins Abseits zur Folge haben kann; zudem wird erwartet, dass sich die Regierung für die sprachlich-kulturelle Vielfalt ihrer Territorien einsetzt. Das IEC hält diesen Auftrag für eine verfassungsmäßige und moralische Obliegenheit der spanischen Regierung.
  6. Das IEC fordert das Parlament und die Landesregierung Kataloniens, der Balearen und der Autonomen Gemeinschaft Valencia auf, sich aktiv mit dieser Petition solidarisch zu erklären und politisch gegenüber der spanischen Regierung und den Institutionen der EU sowie auch in der Öffentlichkeit dahingehend einzuwirken, dass das Katalanische als Amtssprache in der EU Anerkennung findet.
  7. In Anlehnung hieran fordert das IEC ebenfalls die Abgeordneten des Parlaments und des Senats des spanischen Staates auf, eindeutig zugunsten des uneingeschränkten Gebrauchs der katalanischen Sprache als Amtssprache innerhalb der EU Position zu beziehen.
  8. Das IEC wendet sich an das Europäische Parlament und die Europäische Kommission, damit die notwendigen Schritte eingeleitet werden, die zur Anerkennung des Katalanischen als Amtssprache in der EU erforderlich sind.
  9. Alle nationalen, staatlichen sowie internationalen, insbesondere europäischen Institutionen mit akademischem, kulturellem und/oder politischem Charakter ersucht das IEC um eine solidarische Haltung gegenüber seinen hier aufgeführten Forderungen.
  10. Entsprechend der grundsätzlichen Bedeutung einer gerechten und demokratischen Behandlung der sprachlich-kulturellen Vielfalt fordert das IEC abschließend in aller Entschiedenheit, dass Katalanisch unverzüglich und uneingeschränkt Amtssprache in der EU wird.

Barcelona, am 8. April 2002

 

 

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